BAUERNGLATTEIS IM HERBST: UNTERSCHÄTZTE GEFAHR

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Bauernglatteis: Die unbekannte Gefahr im Straßenverkehr
Bauernglatteis, auch Bauernglätte genannt, zählt zu den größten Gefahren auf unseren Straßen und ist in den Köpfen der Autofahrer dennoch kaum präsent. In Fahrschulen ist es kaum ein Thema. In den Medien ist nur selten etwas zu diesem Thema zu hören oder zu lesen.
Verständlich, bei Bauernglatteis handelt es sich um ein seltenes Phänomen, bei dem die gefährliche Verschmutzung von Straßen, die vorrangig im Herbst auftritt, das Fahren zur Schlitterpartie werden lässt. Sachschäden, Personenschäden und Führerscheinverlust können die Konsequenzen daraus sein.
Der ADAC berichtet jährlich von der gefährlichen Bauernglätte und mahnt Autofahrer zur Vorsicht. Auch TÜV und DEKRA stellen die Gefahren durch das herbstlich bedingte Bauernglatteis regelmäßig in den Focus der größten Gefahren im Straßenverkehr.
Was ist Bauernglatteis?
Bauernglatteis oder Bauernglätte wird umgangssprachlich für eine Form der Straßenglätte verwendet, die durch landwirtschaftlich und forstwirtschaftlich bedingte Verschmutzungen hauptsächlich im Herbst während der Erntezeit auf den Straßen entsteht.
Grobe Erdklumpen und Ernteüberbleibsel wie Getreide und Mais setzen sich in den grobstolligen Reifen am Traktor oder von anderen Landmaschinen fest, die diese dann auf die öffentlichen Straßen übertragen. Hinzu kommen noch Schichten von Baumlaub. Fällt jetzt auch noch Regen, wird jede Fahrbahn zur Eisbahn.
Wer jetzt unvorsichtig unterwegs ist, wird schnell von einer unfallträchtigen Rutschpartie mit weitreichenden Folgen überrascht. Neben der Bauernglätte beeinträchtigt eine weitere unangenehme Folge der Ernte-Zeit den Straßenverkehr: reifenschädigende Hopfenspikes, die ein Fahrzeug schnell ins Schleudern bringen.
Unfall durch Bauernglatteis: Wer haftet?
Zum Herbstbeginn, wenn die Ernte eingefahren wird, ist für Autofahrer bei feuchter Witterung äußerste Vorsicht geboten. Besonders in ländlichen Gegenden und Waldnähe sollte immer ein klarer Blick durch die Autoscheiben gewährleistet sein, damit der Fahrer eines Fahrzeugs vorausschauend agieren kann.
Auch bei freier Straße kann das gefahrenträchtige Bauernglatteis ganz plötzlich hinter einer Kurve auftauchen. Besonders bei Gegenverkehr kommt es hier schnell zu hochriskanten Manövern bis hin zum Crash. Bauernglätte ist mit den Gefahren der Winterglätte gleichzusetzen.
Der Verursacher haftet
Die Sache scheint klar. Gemäß dem Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute haftet derjenige, der den Schmutz verursacht hat. Wer beispielsweise mit seinem Traktor Verschmutzungen auf die Straßen trägt, durch die Autofahrer zu Schaden kommen, ist durch seine Haftpflichtversicherung versichert.
Die Kfz-Haftpflichtversicherung des Landwirts kommt für die Schäden auf. Würde die Straße jedoch durch ein nicht zulassungsfähiges Fahrzeug des Landwirts verdreckt, steht seine Betriebshaftpflichtversicherung in der Verantwortung der Schadensregulierung.
Was Geschädigte beachten müssen
Damit die Schadensregulierung durch die Gegenseite, der Versicherung des Landwirts, reibungslos funktioniert, sollten sich geschädigte Verkehrsteilnehmer durch Beweise entsprechend absichern:
- das Bauernglatteis muss nachgewiesen werden
- Fotos vom Unfallort, von den Straßenverschmutzungen und dem beschädigten Fahrzeug
- mögliche Zeugen ansprechen und benennen
- im besten Fall polizeiliches Unfallprotokoll erstellen lassen.
Mit diesen Nachweisen kann sich der Versicherer ein genaues Bild vom Schadenhergang machen und wird die Regulierung zeitnah vornehmen.
Verschulden des Verkehrsteilnehmers
Nicht immer ist es die Versicherung des Landwirts, die für den Schaden aufkommt. Es sollte jedem bekannt sein, dass es im Herbst und zur Erntezeit zu derartigen Verschmutzungen und bei Nässe sehr schnell zu einem rutschigen Schmierfilm auf den Straßen kommen kann. Darüber hinaus sind in extrem gefährdeten Ortschaften Warnschilder zu finden.
Wer dann mit unzureichendem Profil auf den Reifen und einem rasanten Fahrstil unterwegs ist, wird schnell zum verantwortlichen Unfallverursacher. Und werden dann noch Geschwindigkeitsbegrenzungen vom Verkehrsteilnehmer außer Acht gelassen, darf er kaum noch auf die Regulierung von Landwirt-Seite hoffen.
Unfälle immer melden
Allen Warnungen und Bekanntmachungen des risikoreichen Phänomens zum Trotz werden viele Verkehrsteilnehmer immer noch regelrecht von der fiesen Bauernglätte überrascht. Einige Autofahrer begehen im Falle eines Unfalls durch Bauernglätte, meistens unter Schock, sogar Fahrerflucht. Durch diese Vorgehensweise können selbst dem unbescholtenen und umsichtigen Autofahrer schnell der Führerschein und die Fahrerlaubnis entzogen werden.
Da Unfallflucht oftmals im Schockzustand geschieht, kommt das Strafgesetzbuch dem gepeinigten Verkehrsteilnehmer mit einer 24-Stunden-Regel (§ 142 Abs. 4 StGB) entgegen, ein akzeptables Zeitfenster, in dem ein Unfallhergang, wie durch Bauernglatteis entstanden, noch aufgeklärt werden kann. Innerhalb dieses Zeitrahmens ab Unfalleintritt hat der Unfallfahrer die Gelegenheit, sich freiwillig bei der Polizei zu melden.
Nimmt der Unfallflüchtige diese Toleranzregel nicht wahr, so hat er endgültig gegen das Gesetz verstoßen und muss mit drastischen Maßnahmen und Strafen rechnen, sowohl finanziell als auch persönlich. Die Straßenverkehrsordnung sieht in solchen Fällen fast immer eine MPU zur Wiedererlangung des Führerscheins vor.
MPU nach Unfallflucht
Die medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) wird in schweren Fällen wie bei vorsätzlichem Entfernen vom Unfallort angewandt. Der Führerschein kann dabei eingezogen, möglicherweise auch vernichtet werden. Mindestens 6 Monate darf keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden.
Ist vom Unfallflüchtigen keine Wiederholung derartiger Taten zu erwarten, erhält er den Führerschein möglicherweise nach einem kurzen Zeitraum zurück. Andernfalls kann die Straßenverkehrsbehörde dem Verkehrsteilnehmer den Zwang einer medizinisch-psychologischen Untersuchung, auch unter der entwürdigenden Bezeichnung ‚Idiotentest‘ bekannt, auferlegen.
Erst, wenn er diesen langwierigen Prozess mit einem positiven Abschluss besteht, erhält der Verkehrssünder seine Fahrerlaubnis zurück. War es nur das Bauernglatteis, das den Unfall und damit die Unfallflucht zur Folge hatte, werden die Psychologen den Betroffenen schnellstmöglich wieder unter die Verkehrsteilnehmer eingliedern.
Fazit
Wie schnell ein unbescholtener Bürger durch Lehm auf der nassen Fahrbahn und das Wirken von landwirtschaftlichen Fahrzeugen, wie dem Mähdrescher, zum Unfallopfer werden kann, zeigt das Beispiel vom Bauernglatteis nur allzu deutlich. Daher ist jedem, der ein Fahrzeug führt, generell zur Vorsicht auf der Straße geraten, nicht nur im Herbst und bei Winterglätte.
Die Landwirte sind gegen Bauernglätte abgesichert, wovon auch die geschädigten Verkehrsteilnehmer profitieren. Ihre Schäden, verursacht durch die von Landwirten verursachte Glätte, werden in den meisten Fällen reguliert.
Weiterführende Quellen:
Hinweise zur Nutzung von forst- und landwirtschaftlichen Fahrzeugen im Straßenverkehr finden Sie auf bussgeldkatalog.org
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